In den meisten Fällen verläuft die Erkrankung ohne Symptome. Nur gelegentlich machen sich grippeähnliche Begleiterscheinungen bemerkbar. Die Viren befallen vor allem die Zellen im Vorderhorn des Rückenmarks, die für die Steuerung der Motorik verantwortlich sind. Infolgedessen kommt es zu Lähmungen, Gelenkfehlstellungen oder auch Osteoporose. Die wichtigste Präventionsmaßnahme gegen diese Erkrankung ist die Polio-Schutzimpfung.
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Poliomyelitis – was steckt genau dahinter?
Die Viren, die diese Erkrankung hervorrufen, befallen also überwiegend die sogenannte graue Rückenmarksubstanz, was dauerhafte Lähmungserscheinungen nach sich ziehen kann.
Die Bezeichnung für diese Erkrankung ist allerdings etwas irreführend, denn diese Krankheit betrifft nicht ausschließlich Kinder, sondern auch erwachsene Personen können an Polio erkranken. Rund 80 Prozent der gesamten Weltbevölkerung lebt heutzutage in Regionen, in denen diese gefährliche Infektionserkrankung ausgerottet werden konnte. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Fälle der Kinderlähmung seit dem Jahr 1988 weltweit um über 99 Prozent zurückgegangen.
Früher war die Kinderlähmung eine sehr gefürchtete Erkrankung: Kinder infizierten sich mit den Erregern und litten infolgedessen unter Lähmungserscheinungen, im schlimmsten Fall sogar unter einer Atemlähmung. Aus diesem Grund wurde 1988 ein weltweites Präventionsprogramm gestartet, um diese Krankheit ein für alle Mal auszurotten. Seit dem Jahr 1990 traten in Deutschland auch keine Fälle von Kinderlähmung mehr auf, lediglich eingeschleppte Infektionen.
Im Jahr 1994 wurde auch Amerika für poliofrei erklärt und schließlich die ganze europäische Region im Jahr 2002. Mittlerweile gilt die Krankheit auch in Südostasien als vollständig beseitigt. In Afrika kommt es hingegen bis heute noch immer zu Infektionen, so beispielsweise, wenn die Schutzimpfung aus religiösen oder politischen Gründen ausgesetzt wird. Personen, die in diese Länder reisen können sich dort mit den Viren infizieren, wenn sie nicht selbst dagegen geimpft sind. Auf diese Weise können im Grunde ausgerottete Erkrankungen wieder nach Europa eingeschleppt werden.
Wie erfolgt die Ansteckung?
Die hochansteckenden Polio-Viren verbreiten sich über Tröpfcheninfektion. Kleinste Speichel-Tröpfchen, die beim Husten, Sprechen oder Niesen in die Luft gelangen, dringen über die Nase und den Mund in den Körper anderer Personen ein.
Eine Übertragung der Erreger ist jedoch auch über eine direkte Berührung möglich, so beispielsweise über verunreinigte Gegenstände oder den Kontakt mit infizierten Personen. Ebenso können verunreinigtes Trinkwasser oder Nahrungsmittel eine Infektionsquelle sein. Vom Mundraum aus gelangen die Viren in den Magen-Darm-Trakt und von dort in die Blut- und Lymphgefäße: So breiten sich die gefährlichen Viren im gesamten Körper aus.
Polio – wie ist der Verlauf dieser Krankheit?
Die Zeitspanne zwischen der Infektion und dem tatsächlichen Ausbruch der Erkrankung beträgt zwischen 3 und 35 Tagen. Rund 95 Prozent aller erkrankten Personen nehmen die Krankheitsanzeichen gar nicht bewusst wahr. Lediglich fünf Prozent verspüren leichte Symptome wie etwa Halsschmerzen, Fieber oder Kopfschmerzen: Diese Begleiterscheinungen werden leider in den meisten Fällen mit einer (Sommer-)Grippe verwechselt.
Bei rund jedem 100 von 1000 Betroffenen kommt es zu Lähmungserscheinungen der Bein- und Armmuskulatur. Im schlimmsten Fall kann sogar die Atem-, Schluck- oder Sprechmuskulatur betroffen sein.
Die Polio-Erkrankung zieht gefährliche Komplikationen nach sich, so beispielsweise ein vermindertes Knochenwachstum, Muskelschwund oder sogar die vollständige Zerstörung von Gelenken. Im Rahmen des sogenannten Post-Polio-Syndroms können sich sogar noch Jahrzehnte nach der Vireninfektion Lähmungen und Muskelschmerzen bemerkbar machen.
Nach aktuellem Stand der Medizin kann weder die Erkrankung an sich noch das Post-Polio-Syndrom geheilt werden. Es ist lediglich möglich, die Symptome zu lindern.
Welche Symptome ruft die Erkrankung hervor?
Rund 95 Prozent der infizierten Personen bleiben vollkommen symptomfrei, unter Ausbildung von speziellen Antikörpern.
In allen anderen Fällen kann die Erkrankung unterschiedlich verlaufen: Bei etwa vier bis acht Prozent der Erkrankten bricht eine Poliomyelitis aus, die das zentrale Nervensystem nicht betrifft. In einem solchen Fall ist von der abortiven Poliomyelitis die Rede. Die Betroffenen äußern hier teilweise unspezifische Symptome wie Durchfall, Übelkeit, muskuläre Schmerzen, Hals- oder Kopfschmerzen.
In selteneren Fällen ist auch das zentrale Nervensystem beteiligt: In solchen Fällen liegt eine paralytische oder eine nicht-paralytische Polio vor. Diese Form der Poliomyelitis wird auch als aseptische Meningitis bezeichnet und äußert sich durch Symptome wie Rückenschmerzen, Muskelkrämpfe und ein steifer Nacken.
Bei einigen Patienten bessern sich die Symptome in der Anfangszeit, bevor es dann nach einigen Tagen wieder zu Fieber kommt. Schließlich treten schnell oder schrittweise Lähmungserscheinungen auf. Diese Lähmungen betreffen vor allen die Arme, die Beine, den Brustkorb und den Bauch. Im Allgemeinen bilden sich diese Lähmungserscheinungen zurück, jedoch nicht vollständig. Zu Schluck- oder Sprechstörungen kommt es bei dieser Form der Polio-Erkrankung nur äußerst selten. In einigen Fällen kann sich eine Herzmuskelentzündung entwickeln, die eine Herzschwäche zur Folge haben kann.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Viren, die zu dieser Erkrankung führen, können entweder im Rachensekret oder auch über eine Stuhlprobe nachgewiesen werden. Ist das zentrale Nervensystem mitbetroffen, kann der Erreger auch in der Gehirnflüssigkeit (Liquor) nachgewiesen werden.
Durch eine Blutprobe lassen sich Polio-Antikörper nachweisen.
Behandlungsmöglichkeiten
Bislang gibt es leider kein spezifisches Medikament gegen diese Krankheit, es können lediglich die Symptome behandelt werden. Durch Schmerzmittel und Wärme können die Muskelschmerzen gelindert werden. Fallen lebensnotwendige Muskelgruppen aus, so müssen die betroffenen Patienten in der Regel auf der Intensivstation einer Klinik betreut, beatmet und auch künstlich ernährt werden. Nach einer akuten Polio-Erkrankung müssen sich die Betroffenen oftmals jahrelang schonen.
Eine physiotherapeutische Behandlung kann die Patienten dabei unterstützen, mit den Lähmungen zurechtzukommen. Auch speziell angefertigte orthopädische Schuhe können den Betroffenen das Gehen erleichtern. In vereinzelten Fällen kann auch ein operativer Eingriff durch eine Versetzung von Muskelgewebe helfen.
Impfung
Wie lässt sich wirksam vorbeugen?
Das Motto im Jahr 1960 lautete „Schluckimpfung ist süß, Kinderlähmung ist grausam“: Damit sollten die Eltern dazu aufgefordert werden, ihre Kinder gegen Polio zu impfen. Im Laufe der Jahre hat sich der Impfstoff verändert: Dieser wird heutzutage nicht mehr geschluckt, sondern injiziert. Auch wenn die Erkrankung in Deutschland eigentlich ausgerottet ist, so ist eine Schutzimpfung dennoch grundlegend wichtig, denn die Viren gelangen aus anderen Teilen der Welt wieder in unser Land.
Aus diesem Grund rät das Robert-Koch-Institut dringend dazu, Kinder bereits im Säuglingsalter zu immunisieren.
Impfung Auffrischen
Für einen optimalen Schutz sind mehrere Impfdosen notwendig, eine im ersten und eine Auffrischungsimpfung im zweiten Lebensjahr. Nach weiteren zehn Jahren sollte die Schutzimpfung nochmals aufgefrischt werden.
Eine weitere Auffrischung ist nur nötig, wenn beispielsweise eine Reise in Polio-Gebiete ansteht. Auch Gesundheitspersonal, das in Berührung mit infizierten Personen kommen könnte, sollte die Schutzimpfung auffrischen.
Eine konsequente Hygiene ist sehr wichtig, um diese Erkrankung zu vermeiden. Besonders wichtig, ist das sorgfältige Händewaschen nach dem Toilettengang, um eine fäkal-orale Schmierinfektion zu vermeiden.