Doch nicht für jedes Paar geht dieser Wunsch tatsächlich in Erfüllung: Jedes zehnte Paar in unserem Land ist ungewollt kinderlos.
Für viele Frauen und Männer ist es geradezu ein Schock, wenn sich eine Schwangerschaft einfach nicht einstellen will. Gefühle des Zweifelns und der Ungewissheit wechseln sich mit Hoffnung und Enttäuschung ab.
Für viele Paare können diese Gefühle zu einer echten seelischen Belastung führen. Es gibt viele verschiedene Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch, doch in unserer Gesellschaft ist diese Diskussion bis heute noch ein Tabuthema.
Definition
Inhalt
- Definition
- Ungewollte Kinderlosigkeit – welche Ursachen stecken dahinter?
- Wirkung auf die menschliche Psyche
- Die Phasen der ungewollten Kinderlosigkeit
- Inwiefern sind Depressionen mit dem unerfüllten Kinderwunsch verbunden?
- Wie lässt sich die ungewollte Kinderlosigkeit akzeptieren?
- Die richtige Unterstützung
- Statistische Daten für Deutschland
„Ein Paar gilt als infertil, also unfruchtbar, wenn sich trotz ungeschützten und regelmäßigen Geschlechtsverkehrs eine Schwangerschaft nicht innerhalb eines Jahres einstellt.“
Das ist jedoch keine allgemeingültige Regel für den Einzelfall. Rund jede dritte Frau wartet länger als ein Jahr auf die Geburt eines Kindes. Wie schnell eine Schwangerschaft zustande kommt, hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab wie beispielsweise dem Lebensalter. Nicht bei jedem Geschlechtsverkehr kommt es gleich zu einer Befruchtung.
Die Fruchtbarkeit eines Menschen ist beeinflussbar. Selbst völlig gesunde und junge Menschen können Phasen der Fruchtbarkeit sowie der Unfruchtbarkeit durchleben. Die Ursache dafür kann beispielsweise eine körperliche oder seelische Überlastungsphase oder eine ungesunde und einseitige Lebensführung sein.
Ungewollte Kinderlosigkeit – welche Ursachen stecken dahinter?
1. Medizinische Gründe und Ursachen
Wenn eine Frau über einen längeren Zeitraum hinweg nicht schwanger wird, kann das auf organische Ursachen zurückzuführen sein. Bei rund 30 bis 40 Prozent aller betroffenen Frauen und Männer kann keine biologische Störung ärztlich diagnostiziert werden. In etwa 20 Prozent der Fälle sind sogar beide Partner nur eingeschränkt fruchtbar.
Bei Frauen kann eine ungewollte Kinderlosigkeit beispielsweise folgende körperliche Ursachen haben:
- Beeinträchtigungen und Störungen der Ovarialfunktionen (Eierstockfunktionen).
- Hormonelle Störungen, zum Beispiel der Schilddrüse, der Nebennierenrinde oder der Hirnanhangsdrüse.
- Bestimmte Infektionskrankheiten oder Diabetes.
- Fehlbildungen oder Verwachsungen der Eierstöcke.
- Endometriose.
- Eine unbehandelte Chlamydieninfektion.
Bei Männern können zum Beispiel folgende körperliche Ursachen hinter einem unerfüllten Kinderwunsch stehen:
- Eine beeinträchtigte oder gestörte Hodenfunktion
- Samenleiterverschluss
- Antikörper gegen Samenzellen, eine sogenannte „immunologische Sterilität“.
- Infektionserkrankungen wie beispielsweise Mumps.
- Hormonelle Dysbalancen.
- Bestimmte Medikamente oder Präparate.
- Genetische Vorbelastungen.
- Krampfadern am Hodensack.
- Verletzungen der Hoden.
- Negative Umweltfaktoren wie übermäßiger Stress, Alkohol- oder Tabakkonsum.
2. Seelische Ursachen für eine ungewollte Kinderlosigkeit
Bei rund zehn bis fünfzehn Prozent aller kinderlosen Paare lässt sich keine organische Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch diagnostizieren. Hier wird die Fruchtbarkeit meistens von emotionalen oder seelischen Belastungen beeinflusst. Wenn der Schwangerschaftstest nicht sofort positiv ausfällt, machen sich viele Paare schnell große Sorgen.
Es resultiert eine starke Fokussierung darauf, unbedingt eine Schwangerschaft herbeiführen zu müssen. Das wird zu einer regelrechten Belastung für Frau und Mann, die mit jedem Tag stetig zunimmt.
Auch eine ungesunde Lebensweise wie beispielsweise ein übermäßiger Zigaretten- oder Alkoholkonsum kann die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen.
3. Äußere Faktoren als Ursache für eine ungewollte Kinderlosigkeit
Es gibt eine Reihe äußerer Faktoren wie beispielsweise eine ungesunde Ernährungs- und Lebensweise, Erschöpfung oder übermäßiger Stress, die die Fruchtbarkeit maßgeblich beeinträchtigen können.
Inwieweit Stress tatsächlich für einen unerfüllten Kinderwunsch verantwortlich ist, konnte bis heute nicht abschließend geklärt werden. Viele Paare werden trotz höherer Stressbelastungen problemlos schwanger, andere wiederum reagieren sehr sensibel auf stressige Lebenssituationen.
Folgende Stressfaktoren können den normalen Zyklus der Frau beeinträchtigen und die Spermienproduktion des Mannes stören:
- Druck und steigende Herausforderungen am Arbeitsplatz
- Erwerbslosigkeit
- Überforderung
- Prüfungssituationen
- Todes- oder Krankheitsfälle in der Familie oder im nahen Freundeskreis
- Konflikte in der Partnerschaft.
Stress ist nicht immer vermeidbar, doch es gibt viele wirksame Möglichkeiten zum Stressabbau:
- Sport und Bewegung
- Entspannungsmethoden wie Meditation oder autogenes Training
- Yoga
- Partner- oder Wellnessmassagen
- Ausreichend Schlaf und eine hohe Schlafqualität.
Auch eine ungesunde Lebensweise kann die Fruchtbarkeit von Frau und Mann wesentlich beeinflussen: Nikotin beeinträchtigt beispielsweise die Fruchtbarkeit der Fortpflanzungsorgane und reduziert somit die Chancen auf eine Schwangerschaft. Auch übermäßiger Alkoholkonsum führt dem Organismus erhebliche Schäden zu.
Ein zu hohes Körpergewicht kann sich ebenfalls sehr negativ auf die Fortpflanzungsfähigkeit auswirken. Aufgrund der hormonellen Dysbalance können stark unter- oder übergewichtige Frauen von Zyklusstörungen betroffen sein: Das kann für die Entstehung einer Schwangerschaft eine deutliche Einschränkung bedeuten. Bei übergewichtigen Männern kann die Qualität der Spermien beeinträchtigt sein.
Auch schwere körperliche Belastungen können hinter einem unerfüllten Kinderwunsch stehen. Maßvolle und regelmäßige Bewegung wirkt sich keineswegs nachteilig auf die Fruchtbarkeit aus. Schwierigkeiten können hingegen auftreten bei schwerer körperlicher Arbeit oder extremen Sportleistungen: Das kann den Hormonhaushalt der Frau maßgeblich durcheinanderbringen und somit die Furchtbarkeit beeinflussen.
Wirkung auf die menschliche Psyche
Die meisten Paare sind sich einig, dass sie gerne gemeinsame Kinder haben möchten. Viele lassen nur den idealen Zeitpunkt dafür noch offen.
Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein scheint, will sich die lang ersehnte Schwangerschaft dann in vielen Fällen partout nicht einstellen. Das trifft viele Frauen und Männer aus heiterem Himmel und ist für die Beziehung eine echte Belastung.
Quälende Fragestellungen wie „Warum werde ich nicht schwanger?“ oder „Was mache ich falsch?“ schwirren immer mehr im Kopf umher.
Medizinische Untersuchungen zur Feststellung der Ursachen sowie das quälende Warten auf die Untersuchungsergebnisse können den emotionalen Stress noch zusätzlich verstärken.
Wird beim Mann oder bei der Frau eine Zeugungsunfähigkeit oder eine Unfruchtbarkeit ärztlich festgestellt, sind häufig Minderwertigkeitsgefühle und Selbstvorwürfe die Folge. Hinzu kommen drängende Überlegungen, was gegen die beeinträchtigte Fruchtbarkeit oder Zeugungsfähigkeit unternommen werden kann.
Insbesondere Paare, bei denen die medizinische Diagnostik keinen klaren Befund ergeben hat, stehen unter einem großen emotionalen Stress.
Die ungewollte Kinderlosigkeit und die damit verbundene medizinische Behandlung werden für Frau und Mann zu einem alles bestimmenden Thema. Das kostet nicht nur sehr viel Kraft, sondern beeinträchtigt auch das Sexualleben des Paares. Im schlimmsten Fall kann die Beziehung dieser massiven seelischen Belastung nicht standhalten und zerbricht. Es gibt jedoch auch zahlreiche Paare, die berichten, dass diese Krise ihre Partnerschaft nur noch mehr gestärkt und sie näher zueinander gebracht hat.
Des Weiteren kann es dazu kommen, dass durch die ungewollte Kinderlosigkeit, Konflikte aus der eigenen Kindheit wieder aufbrechen. Auch das Verhältnis zu Freunden oder Familienmitgliedern kann sich durch den unerfüllten Kinderwunsch verändern.
Die Phasen der ungewollten Kinderlosigkeit
- Schockphase:
Betroffenen Frauen und Männer wird allmählich klar, dass sie vermutlich kinderlos bleiben werden. - Verleugnungsphase:
Die Infertilität wird vom Paar zunehmend verdrängt. Immer mehr Ärzte werden kontaktiert, verbunden mit der Hoffnung, von ihnen eine positive Diagnose zu erhalten. Das Selbstbewusstsein der beiden Partner leidet in dieser Phase massiv. - Wut-Phase:
Gefühle wie Aggression, Wut oder Kränkung stehen hier im Mittelpunkt. Diese Empfindungen richten sich vor allem gegen Paare mit Kindern oder gegen andere schwangere Frauen.
Eine besondere Abneigung entsteht in dieser Zeit vor allem auch gegenüber Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchgeführt haben. - Phase der Schuldgefühle:
Viele Paare sprechen kaum oder viel zu wenig über ihre Gefühle, Sorgen und Empfindungen. Somit wird es immer schwieriger, mit der Situation klarzukommen. Nicht selten machen sich Schuldgefühle bemerkbar, in der Vergangenheit beispielsweise zu ungesund gelebt zu haben. Viele Frauen haben in dieser Phase große Angst, wegen des unerfüllten Kinderwunsches von ihrem Partner verlassen werden zu können. - Isolierungsphase:
In dieser Phase ziehen sich betroffene Paare mehr und mehr aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. Soziale Kontakte werden zunehmend vermieden, insbesondere zu Paaren mit Kindern. Auch die Sexualität in der eigenen Partnerschaft leidet massiv: Sie wird eher als sinnlos empfunden, was zur Folge hat, dass sich die beiden Partner immer fremder werden. - Phase der Depression:
Die Depressionen, die mit dem unerfüllten Kinderwunsch einhergehen, können sich noch mit der Zeit verschlimmern und sogar zu Suizidgedanken ausarten. In dieser Krise ist ein psychologischer Beistand besonders wichtig. - Trauerphase:
In dieser Phase beginnt die eigentliche Verarbeitung des unerfüllten Kinderwunsches. Die Paare machen sich Gedanken über die Zukunft und schmieden häufig gemeinsam neue Pläne. - Akzeptanzphase:
In dieser Phase haben sich Frauen und Männer mit der Kinderlosigkeit abgefunden. Sie schöpfen neuen Mut und gehen häufig gestärkt aus dieser Krise hervor.
Inwiefern sind Depressionen mit dem unerfüllten Kinderwunsch verbunden?
Für viele Frauen und Männer ist es ein großer seelischer Schmerz, keine eigenen Kinder haben zu können. Laut dem Robert-Koch-Institut entwickeln rund 50 Prozent aller betroffenen Paare sogar eine milde Depression. Vor allem Frauen sind hier sehr gefährdet.
Zudem ist es sehr wichtig, die emotionale Belastung nicht zu verdrängen. Der Schmerz muss bewusst wahrgenommen und aufgearbeitet werden. Männer realisieren die Tragweite des unerfüllten Kinderwunsches oft sehr viel später und werden dann überraschend depressiv und traurig. Frauen und Männer haben eben eine ganz unterschiedliche Art mit dieser Problematik umzugehen.
Wie lässt sich die ungewollte Kinderlosigkeit akzeptieren?
Es kommt ein Zeitpunkt, an dem Frauen und Männer sich mit dem unerfüllten Kinderwunsch einfach abfinden müssen. Trotz aller Anstrengungen, Mühen und modernen medizinischen Verfahren kann eine Schwangerschaft häufig nicht herbeigeführt werden.
Eine psychologische Begleitung kann hier äußerst wertvoll sein, um den Paaren dabei zu helfen, den bisherigen Lebensentwurf loszulassen und neue Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln.
Es geht wesentlich darum, betroffenen Frauen und Männern klar zu machen, dass ihr Leben ohne Kinder weder wert- noch sinnlos ist. Es ist wichtig, dass sie sich nicht unvollständig oder gar mangelhaft fühlen. Viele Psychologen oder Therapeuten arbeiten auch mit diversen Beratungsstellen zusammen: Es gibt viele Möglichkeiten das eigene Leben zu gestalten, denn auch eine Paarbeziehung ohne Kinder kann erfüllend und wunderschön sein. Daher sollte frühzeitig Unterstützung in Anspruch genommen werden.
Des Weiteren können psychosoziale Beratungsstellen oft Alternativen wie eine Adoption oder eine künstliche Befruchtung aufzeigen.
Die richtige Unterstützung
- Partnerschaft:
Mit dem Partner wird nicht nur der Kinderwunsch, sondern auch alle Ängste, Sorgen und Hoffnungen geteilt. Paare sollten sich gegenseitig Halt und Liebe spenden, besonders in dieser schweren Zeit. - Familie und Freunde:
Andere Familienangehörige und enge Freunde kennen einen sehr gut und können somit wirksam bei der emotionalen Bewältigung der ungewollten Kinderlosigkeit helfen. Wichtig sind ehrliche und aufrichtige Gespräche miteinander, die den Betroffenen aufzeigen, dass die Sinnhaftigkeit des eigenen Lebens nicht an einem Kind hängt. - Selbsthilfegruppen:
Hier ist es möglich, mit anderen Paaren ins Gespräch zu kommen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Auf diese Weise kann man sich wertvolle Tipps zum Umgang mit dem unerfüllten Kinderwunsch holen. - Beratungszentren:
Speziell ausgebildete Therapeuten können in psychologischen und persönlichen Gesprächen gezielt weiterhelfen und bei möglichen Partnerschaftskonflikten vermitteln. - Kinderwunschkliniken:
Neben der medizinischen Behandlung kann auch hier eine gezielte psychologische Beratung in Anspruch genommen werden.
Statistische Daten für Deutschland
Für einige Frauen und Männer bleibt ein eigenes Baby für immer ein unerfüllter Traum. Schätzungen zufolge bleiben rund fünfzehn bis zwanzig Prozent aller Frauen in Deutschland unfreiwillig kinderlos. Die Tendenz steigt leider zunehmend.
Rund jedes zehnte Paar ist in unserem Land ungewollt kinderlos. Besonders betroffen sind Menschen zwischen 25 und 59 Jahren. Die Inanspruchnahme einer reproduktionsmedizinischen Behandlung ist für viele betroffene Paare nicht nur finanziell eine große Belastung, sondern auch seelisch und körperlich.